Mittwoch, 23. November 2011

Eurokrise & Zockertum: Rede v. Sahra Wagenknecht

Ich mag sie nicht besonders als Politikerin (als Frau gefällt sie mir sehr, mehr noch als MdB Agnes Krumwiede von den Grünen;-) - aber mit dem, was Sahra Wagenknecht in der u.a. Rede schon vor fast 1 1/2 Jahr en von sich gab, hat sie Recht.

Vor allem der Punkt, dass die politischen Parteien sich in unerträglicher Weise haben abhängig machen lassen von Spenden ("Landschaftspflege"), Lobbyismus und Einflüssen der großen Unternehmen und Branchenverbände, sollte uns alle sehr nachdenklich lassen.

Wenn die gewählten Volksvertreter die Interessen der Wirtschaft wahrnehmen, wer wahrt dann noch die vitalen Interesse und Bedarfe des 'Volks' - also jenen 97 Prozent von uns, die nicht mehr Geld haben, als man für 100 Lebensspannen benötigen würde...?
 


Zur zum EFSF-Abstimmung (Erweuterung des Euro-Rettungsfonds) äußerte sie sich im Bundestag am 29.09.2011 so:

 
Polemik ist in dieser Rede in ausreichendem Maße vorhanden. Manch einer wird sich auch an die politische Vergangenheit von Fau Wagenknecht und manche fragwürdige Aussage von ihr zu den 'Errungenschaften des DDR-Sozialismus' erinnern. Oder schlicht daran, sass sie 'links außen' im politischen Spektrum zu verordnen ist. 

Ja und? Ich persönlich bin alles andere als 'ein Linker', doch zu meinem Entsetzen sind die Linken und ein paar wenige Abtrünnige aus Grünen und SPD die einzigen Vertreter der Bundespolitik, die überhaupt noch die mehrheitliche Meinung der Menschen in Deutschland konzeptionell widerspiegeln.
Jaja, das nennt man nun abwertend und pauschal "populistisch", was in manchen Fällen sicher zutrifft. Doch aus den 'etablierten' Parteien, die angesichts der bestehenden Fünf-Prozent-Hürde als einzige 'wählbar' im Sinne von chancenreich sind, höre ich gerade in wirtchafts- und sozialpolitischen Fragen nichts, was von sozialer Ausgewogenheit und Vernunft zeugt. Leider.

Hätte man mir prophezeiht, ich werde mich einst auf Redeausschnitte der Linken fokussieren, so wäre meine Reaktion ein müdes Lächeln gewesen. Doch scheint es so, dass ich mit meiner Ablehnung der parteipolitisch geduldeten "Diktatur der Finanzmärkte" und Rating-Agenturen keineswegs alleine dastehe.

Nicht nur diesen Punkt spricht Gregor Gysi an, der eine 'Krise der Demokratie' diagnostiziert, die in der Abhängigkeit der Legislatur von Figuren wie Ackermann und Co. begründet sei. Ob die von ihm geforderten Maßnahmen ausnahmslos hilfreich sind, ist indessen diskutabel.

Ist die Mehrheit der Deutschen sich eigentlich darüber im Klaren, dass sie mit Inkrafttreten des erweiterten Rettungsschirm für fremde Schulden in Höhe über 200 Milliarden Euro haftet? Und das, nachdem knapp hundert Milliarden für die angeblich lebensnotwendige Rettung der Hypo Real Estate Bank eingesetzt wurden.


Bedingungsloses Grundeinkommen?

„Ein Einkommen ist wie Luft unter den Flügeln!" 

So  beginnt der Film. Sollte ein solches Grundeinkommen für jedermann bedingungslos gewährt werden - ohne die grundsätzliche Verpflichtung zur Arbeit zu implizieren?

Also ein wirtschaftlich-monetäres Bürgerrecht? Auch für jene, die nicht zu krank und zu alt sind, um zu arbeiten - der Einstieg in die ultimative Freizeitgesellschaft? Erosion des Leistungsprinzips?

Blödsinn. Ein solches Grundeinkommen untergräbt die Leistungsgesellschaft nur dann, wenn es 'zu hoch' ist, so dass Verdienst als Arbeitsmotivation für einen relevanten Bevölkerungsanteil der Bevölkerung entfallen würde (wobei Verdienst bei weitem nicht der einzige Motivationspunkt ist).

Zwar ist es unwahrscheinlich, dass ein hoher Prozentsatz der Menschen mit der Sicherheit eines BGE (Bedingungslose Grundeinkommen) dauerhaft zuhause bleiben würden. Sicher, ein paar von denen gibt es auch - doch glaube ich, dass unsere Volkswirtschaft sie verkraften kann. 


Eine sinnvolle Höhe läge m.E. bei 1.250 Euro für jeden erwachsenen Menschen.

Die Mehrzahl würde arbeiten wollen, um 1. mehr zu verdienen als jenes Grundeinkommen und 2. weil Arbeit dem eignen Leben eine Struktur und manchmal auch einen Sinn verleiht.
Doch es würden weniger Menschen krank vor Unzufriedenheit, weil die Notwendigkeit des Geldverdienens ihnen verbietet, Abstand von ihrer sinnentleerten, aufzehrenden Tätigkeit zu nehmen. (Sinn ist natürlich immer eine Frage der persönlichen Betrachtung). Manch einer würde eine Auszeit von einigen Monaten nehmen, um sich dann eine Tätigkeit zu suchen, in der er einen Sinn sieht bzw. die ihm ein gewisses Maß an persönlicher Wertschätzung zubilligt.

Etwas besorgt bin ich 'nur' in Bezug auf junge Menschen, von denen viele an einem Einstieg ins Berufsleben kein Interesse zu besitzen scheinen. Ohne dies zu pauschalisieren, ist Komasaufen, Chillen und Chatten bei 18-20-Jährigen heute deutlich beliebter als in den 80er Jahren. Liesse sich ein BGE unter solchen Voraussetzungen stabil halten und weitgehend steuerneutral finanzeren?

Vielleich würde ein Ansparmodell als Anchubfinanzierung Sinn machen? Wer mindestens 7 Jahre einer sozialversichrungspflichtigen Tätigkeit nachgeht, begründet dardurch seine Anwartschaft auf das BGE - das ist natürlich keine Komplettfinanzierung, sondern sollte eher dazu dienen, Jugendliche 'erst mal' in den Arbeitsprozess zu integrieren.

Und dann braucht es ein langfristig tragbares Finanzierungskonzept, das tragfähig und transparent sein muss: Für jedermann muss erkennbar sein, dass arbeitslose Bezieher des Grundeinkommens nicht die selbstverliebte Gemeinschaft der Werktätigen schädigt oder gar gefährdet.

Nicht zu vergessen: Wer das BGE als einziges Einkommen bezieht, muss davon seinen Lebensunterhalt bestreiten, d.h. er muss es den erhaltenen Betrag nahezu komplett wieder ausgeben. Damit 'pumpt' er (sehr vereinfacht) sein Geld in die Wirtschaft, anstatt damit z.B. auf Nahrungsmittelpreise zu spekulieren wie ein Teil der Heuschreckenfraktion. Kaufkraft und Binnennachfrage würden somit gestärkt.

Mein vorläufiges Fazit: Ein wirklich bedingungsloses Grundeinkommen hat weitaus mehr Vorteile als Schwächen. Doch es sollte auf Grundlage eines durchdachten Konzeptes eingeführt werden (also nicht wie der Euro als Grundlage einer faktischen Transferuniun).
Zu diesem Konzept gehört auch die Vermeidung von Ungerechtigkeiten: der staatlichen Unterstützung von Familien stehe ich durchweg positiv gegenüber - sie darf aber nicht soweit führen, dass Alleinstehende soweit benachteiligt werden, dass sie für Partner- und Kinderlosigkeit bestraft werden (z.B. durch erhebliche Wettbewerbsnachteile am Arbeitsmarkt).

Wie das geschehen könnte? Ein paar Antworten gibt der Film "Grundeinkommen":


.