Samstag, 22. Juni 2013

Christentum: Trinität – ob ich sie jemals verstehen werde…?

Werner Gitt schreibt über das christliche Gottesbild: “Von diesem dreieinen Gott wird in dreifacher Weise in personaler Differenzierung geredet…
Wie bitte? Heißt es im allgemeinen nicht, das Christentum sei eine monotheistische Glaubensauffassung? Darüber wird unter Christen erstaunlich wenig gestritten, nur ‘von außen’ wird Kritik geäußert. Muslime etwa verneinen die Göttlichkeit Jesu, bringen ihm aber als einem wichtigen Gesandten Gottes hohen Respekt entgegen. 

Mein Problem: In meinem Wunsch, die Welt in meine subjektiven Kategorien einzuordnen, habe ich ein schrecklich rationales Entweder-Oder-Schema entwickelt. Deshalb kann ich mit Aussagen wie “Er ist der Eine und zugleich der Dreieine” so gar nichts anfangen. Entweder ‘eine Identität’ oder ‘wir sind Legion’, auch wenn der Vergleich ein wenig daneben ist. Einer oder mehrere - oder: wir verzichten eingedenk unseres unvollkommenen Denkapparates vollständig darauf, das Wesen Gottes verstehen und beschreiben zu wollen. Vielleicht wäre diese Form von Demut angebracht?

Christliche Organisationen - die römisch-katholische Kirche ebenso wie evangelikale Freikirchen - wollen aber, dass wir ihnen ein bestimmtes Gottesbild abkaufen (hier nicht im wörtlichen Sinne gemeint, obwohl...). Daher komme ich um diese Fragestellung trotz aller Einsicht unvollkommenen Denkens nicht vorbei.

Christen müssten sich mit der Aussage, dass ihr Gott ein dreieiniger Gott ist, auseinandersetzen, schreibt Jörg Sieger in seiner Einführung zum christlichen Glauben
…weil uns andere [...] den Vorwurf machen, dass wir den Glauben an den einen Gott verraten hätten und letztlich an drei Götter glauben würden: Gott den Vater, Gott den Sohn und Gott den Heiligen Geist.(Diese ‘anderen’ sind Angehörige der beiden übrigen abrahamitischen Religionen, d.h. Juden und Muslime.)

Ausgangspunkt

Der Begriff Monotheismus kennzeichnet Religionen, die einen allumfassenden Gott kennen und anerkennen – im Gegensatz zum Polytheismus, der viele Götter kennt und verehrt. Bei Religionen, die viele Götter kennen, aber einem von diesen den Vorrang (als allein zu verehrenden Gott) einräumen, spricht man von Monolatrie.
Im Alten Testament (A.T.) gibt es in Bezug auf dieses Bekenntnis überhaupt kein Vertun:
  • Ich bin der Erste, und ich bin der Letzte, und außer mir ist kein Gott.
    (Jesaja 44,6 pt)
  • …und ist sonst kein Gott außer mir, ein gerechter Gott und Heiland; und keiner ist außer mir. Wendet euch zu mir, so werdet ihr selig, aller Welt Enden; denn ich bin Gott, und keiner mehr.”  (Jesaja 45,21 pt)
Klar und präzise. Das so in der Bibel niedergelegte Konzept von Gott formuliert einen eindeutigen Anspruch, wie die ‘wirkliche Beschreibung’ von Gott auszusehen habe. Sie findet sich ebenso bei Moses als auch bei den Aussprüchen Jesu, soweit diese korrekt überliefert sind. 
Weil das A.T. von nahezu allen Christen bis heute als verbindlicher Teil ihrer heiligen Schrift erachtet wird, stellt sich die Frage: Wenn das Gottesbild der Trinität zutrifft, warum hat Gott das schon nicht im Alten Testament klar offenbart?
Mit anderen Worten: warum erschien dieser Glaube nicht bereits vor der Person Jesu, der als Messias sehr wohl erwartet worden war?


Eine unmissverständlich dargelegtes Gottesbild finde ich im ‘offiziellen’ Christentum bzw. im N.T. nicht. Vielmehr annulliert das Konzept der Trinität eine verständliche, eindeutige Beschreibung von Gott: Sie ersetzt das bisherige ‘Bild’ durch ein Konstrukt eines Gottes, welches nun von einem zweiten und einem dritten Element ausgeht. Zwei dieser drei Elemente sind zudem in hohem Maße anthropomorph (vermenschlicht): “Vater” und “Sohn“. Statt Gott in seiner seine einzigartigen Natur zu respektieren, wurde ein offensichtlich menschlich geschaffenes und menschen-ähnliches Bild von ihm entworfen.

Nun bin ich kein Experte, glaube aber, dies steht in krassem Widerspruch zu ursprünglichen Geboten (z.B. dem Dekalog).

Bekanntlich stellt das Christentum seinen Gott als dreifaltigen Gott dar. Diese Trinität bezeichnet in der christlichen Theologie die Wesens-Einheit von Geist, Vater und Sohn (Jesus). Sie sollen als drei aus Gott hervorgehende Personen, nicht aber als drei Götter aufgefasst werden.


Wird hier eine Widersprüchlichkeit erkennbar? Ein Gott würde im monotheistischen Sinne doch zugleich eine göttliche Identität bedeuten…? Im Gegenzug würde jede der drei Personen Gottes ihre eigene, individuelle Identität besetzen – das ist doch, was eine Person u.a. ausmacht, oder?
Freilich ist es durchaus plausibel, dass dieser eine, allmächtige Gott ohne weiteres in der Lage sein soll, auf unterschiedlichste Weise in Erscheinung zu treten. Sind die drei christlichen personae Gottes – Geist, Vater, Sohn – als solche Erscheinungsformen aufzufassen – etwa so, wie H2O uns als unsichtbarer Wasserdampf, flüssiges Wasser und festes Eis begegnen kann? Ganz so einfach kann es nicht sein, denn die drei Personen Gottes begegnen uns auf durchaus unterschiedliche Weise – und im Verhältnis zu den Menschen nehmen sie verschiedene Funktionen wahr:

  • Der christlichen Lehre zufolge steht Jesus in einer besonderen funktionalen Zuordnung für uns (“W.Gitt – In welcher Beziehung stehen Gott und Jesus zueinander?”) – denn nur durch ihn sei ein Zugang zu Gott (Vater) möglich. Laut eigener Aussage nimmt Jesus Anordnungen bzw. Aufträge vom Vater entgegen [vgl. Joh 14, 31]; zwischen beiden besteht offenbar eine Art Herrschaftsverhältnis.
  • Im Johannesevangelium [Joh 12,49-50] stellt Jesus klar, dass er nicht ‘in eigener Sache’ bzw. in seinem eigenen Namen predigt, sondern dass seine Botschaft von Gott sei:
    Denn ich habe nicht aus mir selbst geredet, sondern der Vater, der mich gesandt hat, er hat mir ein Gebot gegeben, was ich sagen und was ich reden soll; 
    und ich weiß, dass sein Gebot ewiges Leben ist. Was ich nun rede, rede ich so, wie mir der Vater gesagt hat.
  • Johannes zitiert Jesus mit den Worten: “…der Vater ist größer als ich” [Joh 14,28] und “…Ich kann nichts von mir selbst tun”. [Joh 5, 30]
  • Siehe auch Mk 10,18/Mt 19,17 und Mk 10,17-18.
  • In der von Lukas verfassten Apostelgeschichte legt Petrus dar: “Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, der Gott unserer Väter hat seinen Knecht Jesus verherrlicht,…” [vgl. APG 3,13]. Die Sichtweise der APG ist, dass Gott etliche Wunder durch Jesus tat, um diesen als seinen die Gesandten zu bestätigen [vgl. APG 2,22].
In der gesamten Bibel finde ich nicht eine einzige Stelle, wo Jesus explizit mit den Worten „Ich bin Gott“ oder „Betet mich an“ zitiert wird. Insoweit sehe ich nicht, wie/wodurch die Evangelisten die Göttlichkeit Jesu herausstellen. Zwar ist des öfteren von ihm als einem ‘Sohn Gottes’ die Rede; von den Historikern wissen wir aber, dass diese Bezeichnung seinerzeit häufig verwendet wurde – ohne eine Vergöttlichung zu implizieren. Der Sohn ist nicht mit dem Vater identisch, den er selbst anbetet.

Paulus ist Jesus nie persönlich begegnet und kann mit dessen Lehren auch nicht wirklich sehr viel anfangen. Statt dessen entwirft er ein eigenes Bild (s)eines präexistenten Christus, der zwar über der gesamten Schöpfung stehe, dessen Oberhaupt aber Gott sei [vgl. 1Kor 11,3].

Sicherlich lassen sich auch Aussagen des Alten und Neuen Testaments im Sinne der gegenteiligen Argumentation zusammenstellen, d.h. zugunsten der Göttlichkeit Jesu. 

Christen sehen sich bis heute mit der Frage konfrontiert, wer dieser Jesus nun ist, und in welchem Verhältnis er zu Gott steht, den er selbst Vater ("Abba") nennt:
Im Neuen Testament liest man schließlich ganz unterschiedliche Aussagen. Einmal heißt es da, dass der Sohn und der Vater eins sind (vgl. Joh 10,301). Im Johannesevangelium finden wir aber genauso die Formulierung, dass der Vater größer ist als der Sohn (vgl. Joh 14,282).” (J. Sieger)

Wie entstand das Trinitäts-Dogma?

Aus den Aussagen in den Evangelien entwickelte sich ein Spannungszustand unterschiedlicher Interpretationen innerhalb der christlichen Theologie:
Der Arianismus, benannt nach seinem ihrer frühen Vertreter Arius, weicht in seiner Haltung von der Dreifaltigkeitslehre ab:
  • Der Vater allein ist Gott.
  • Gott hat die Welt nicht direkt erschaffen, sondern durch einen Mittler, den Logos (= das Wort), der selbst geschaffen wurde, um die Welt zu schaffen.
  • Dieser Logos wird als Sohn Gottes bezeichnet und ist präexistent – ein Wesen zwischen Gott und der Welt, das perfekte Abbild des Vaters.
    In einem metaphorischen Sinn kann er als Gott bezeichnet werden. Dennoch ist er ein Geschöpf, geschaffen der ‘Erstling’ Gottes. Damit ist er nicht aus dem gleichen Wesen wie der Vater – sondern durch den Willen des Vaters. Er ist daher nicht ewig, denn “es gab eine Zeit, als es ihn nicht gab”. Ebenso sind seine Macht, seine Weisheit und sein Wissen letztlich begrenzt.
Diese Lehre des Arius rief eine heftige Auseinandersetzung in der noch jungen Kirche hervor, “der die Kirche nicht nur zu zerreißen drohte, sondern auch tatsächlich zerrissen hat” (Sieger). Die folgende Auseinandersetzung, ihr Verlauf und ihr pragmatisch-machtpolitisch motiviertes Ergebnis sind ein Thema für sich, auf das ich an anderer Stelle ausführlicher eingehen werde.

Auf dem Konzil v. Nizäa wurde 325 n.Chr. der theologische Dissens zwar nicht gelöst, aber es wurden ‘Fakten’ geschaffen: Arius wurde verurteilt und seine Anhänger – die Arianer – verließen dementsprechend die Kirche. Seitdem wird der Arianismus von den großen christlichen Kirchen als Häresie angesehen.
Nun wurde festgelegt, dass der Sohn eben nicht unter dem Vater stehe, sondern dass beide ‘von einem Wesen’ oder ‘wesenseins’ seien. Mit dieser dogmatischen Festlegung wurde sowohl auf die Einheit als auch auf die Einheitlichkeit des kirchlichen Glaubens in einer sehr bedeutsamen Frage hingewirkt. Die Notwendigkeit einer Einigung, selbst wenn sie erzwungen werden musste, zeige sich daran, dass nicht weniger als achtzehn verschiedene arianische Glaubensbekenntnisse verfasst wurden, die einander teilweise widersprechen. Die spätere Verfolgung und Ermordung der Arianer ist und bleibt freilich inakzeptabel.
Ikone: Erstes Konzil von Nicäa. Kaiser Konstantin entrollt den Text der ersten Hälfte des Nicänischen Glaubensbekenntnis (Quelle: Wikimedia)


Inhaltlich habe im Grunde aber niemand so recht gewusst, was mit diese Wesensgleichheit (Homousie, von altgriechisch homo ousios) im Bekenntnis von Nicäa denn nun genau bedeuten sollte, erklärt Dr. Sieger:

Nizäa ist ein Lehrstück dafür, wie viel- und nichtssagend theologische Formeln in gleicher Weise sein können. Mit dem Begriff allein war eigentlich gar nichts gewonnen. Was sollte man darunter verstehen?

Diese Unklarheit war ursächlich dafür, dass sich die Auseinandersetzungen über das Verhältnis von Vater und Sohn nach Nicäa fortsetzten. Etliche Theologen blieben dabei, dass der Sohn nicht auf der gleichen Ebene wie der Vaters stehe.
Das Bekenntnis von Nicäa, dass Vater und Sohn von gleichem Wesen seien und dass der Sohn demnach wirklich Gott sei, wurde nur von geringen Anzahl von Theologen ohne Einschränkung vertreten, die sich untereinander auch uneinig waren.
Es brauchte mehrere Jahrzehnte, bis eine theologisch Aufarbeitung gelang. Noch komplexer wurde die Diskussion durch die Frage nach dem Wesen der dritten Person – des Geistes, den Jesus nach biblischer Überlieferung den Menschen gesandt hatte: In welchem Verhältnis steht der Geist Gottes zum Vater und zum Sohn?
[Spätestens hier steigt mein Verstand aus: Worin soll der Unterschied bestehen zwischen "Gott" und dem "Geist Gottes" (sofern es sich bei diesem Geist nicht bloß um einen Abgesandten Gottes handelt ...was aber dem Prinzip der Wesenseinheit widerspräche)??? Und wozu soll es gut sein, Gott dem Verständnis nach zu 'zerlegen'?]

Gregor von Nazianz verdeutlicht diesen Zusammenhang durch ein sprachliches Bild: Er beschreibt eine Quelle, die aus der Erde hervorbricht und deren Wasser sich dann zu einem kleinen Bach sammelt. Dieser Bach wächst von Kilometer zu Kilometer, er wird größer und mächtiger und letztlich zu einem richtigen Fluss.
Vielleicht sei es ganz ähnlich, wenn Christen von dem Vater, dem Sohn und dem Geist sprechen:

“Wir sagen: “Das ist das Wirken des Geistes.” Oder: “Hier ist der Vater am Werk.” Aber wenn wir genau hinschauen, dann geht es uns wie bei diesen drei Gewässern. Obwohl wir eine Quelle, einen Bach oder einen Fluss sehen, ist das Wasser immer das gleiche. Obwohl es drei verschiedene Gewässer sind, ist es trotzdem ein und dasselbe Wasser, das sie alle durchfließt.
Vielleicht ist es bei unserem Gott ganz ähnlich: Wir glauben, in ihm drei Personen unterscheiden zu können. Alle drei aber durchweht ein und dasselbe göttliche Wesen. Er ist ein Gott in drei Personen.” (vgl. Sieger)

Solche Überlegungen führten zu der Formulierung, dass Gott in diesen drei Personen existiert, aber dass dies lediglich drei Personen des einen göttlichen Wesens sind.
Auf dem Konzil von Konstantinopel (381 n. Chr.) wurde diese Aussage für die ganze Kirche verbindlich festgelegt. Es entstand das nizäno-konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis3) welches bis heute in der Form des Credos Verwendung in der Liturgie findet. Dieses Bekenntnis verbindet alle großen christlichen Konfessionen und wird oft als wichtigstes außerbiblisches Zeugnis der altkirchlichen Theologie eingeordnet.

Ein von Menschen entworfenes Gottesbild

Erstes Konzil von Konstantinopel, Homilien des Gregor von Nazianz,
(Quelle: Wikimedia)

Der Vergleich Gregors und die o.a. Formel veranschaulichen zwar denkbare Erscheinungsformen des einen Gottes, doch beide überzeugen mich letztlich nicht. Offensichtlich fügt sich Jesus dem Willen Gottes und er spricht auch davon, dass der Wille des Vaters nicht notwendigerweise identisch mit seinem eigenen Willen sei (auch wenn er diesen ausdrücklich zurückstellt):

“…Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir weg – doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe!” [Lk 22,42]

Keinesfalls maße ich mir an, des Wesen Gottes verstehen. Doch wenn diese Worte Jesu als authentisch erachtet werden, so implizieren sie eindeutig zwei Wesenheiten, die beide ‘ihren eigenen Willen haben’. Und eine der beiden Wesenheiten ordnet sich der anderen Wesenheit klar unter.

Von Menschen getroffene Festlegungen zum Wesen Gottes können nicht aus eigenem Wissen/Willen erfolgen – es muss  ein Bezug zu Überlieferungen und Quellen hergestellt werden können. Diese aber lassen m.E. die arianische Auffassung als zutreffender erscheinen – welche sich mittelbar auch in den Lehren und Auffassungen der Gnostiker wiederfindet: Jesus, Gottes erstes und höchstes Geschöpf, wurde von ihm zu den Menschen gesandt, um ihnen einen Weg der Erlösung zu offenbaren.

Es ist nicht ganz aufrichtig, wenn christliche Theologen heute den Eindruck zu erwecken suchen, die Göttlichkeit Jesu habe von Anfang an unwiderlegbar festgestanden.
Nein, es handelt sich hierbei (wie bei vielen kirchlichen Dogmen) um eine keineswegs einstimmige Mehrheitsentscheidung von ‘natürlichen Personen’, die Jahrhunderte später als die Apostel und Jünger Jesu lebten. Nicht übersehen werden darf auch, dass zumindest das Konzil von Nicäa (325) seine Beschlüsse unter erheblichem politischen Druck fasste. Bekanntlich wollte Kaiser Konstantin ‘Ruhe an der religiösen Front’, nicht zuletzt aus Erwägungen der Staatsräson.


Dr.Sieger spricht in diesem Kontext von dem Versuch, mit den unzulänglichen Methoden des menschlichen Verstandes das unsagbare Geheimnis Gottes ins Wort zu bringen. In schier endlosen Diskussionen stritten die Theologen über 50 Jahre um die Wahrheit – doch kommt deren Resultat dieser Kontroverse tatsächlich der so gerne beanspruchten ‘einzigen’ Wahrheit nahe?
  • Bei Johann Greber, einem Vertreter des christlichen Spiritualismus, wird die eines Dreifaltigkeitslehre treffend charakterisiert, meine ich:
“Ihr lehrt einen Gott in drei Personen. Ihr behauptet also, daß es drei Geister gibt, von denen jeder wahrer Gott sei und die zusammen doch nur einen Gott ausmachten. Das ist menschlicher Wahn und die größte Torheit. Es gibt keine Dreifaltigkeit und keine Dreieinigkeit in dem Sinne, wie ihr es lehrt.
Gott ist nur eine einzige Persönlichkeit. Nur der Vater ist Gott. Alle anderen heiligen Geister sind Geschöpfe Gottes. Keiner von ihnen ist dem Vater gleich.”

  • Prof. Dr. Karl-Heinz Ohlig setzt sich kritisch mit dem normativen Charakter der Trinitätslehre auseinander (→ “Ein Gott in drei Personen?“ auf roland-sinsel.de). Er stellt fest, dass “die Trinitätslehre, wie sie sowohl im Osten wie – erst recht – im Westen am Ende “Dogma” wurde, keinerlei biblische Grundlage besitzt”. Folglich sei die Legitimität eines solchen Konstrukts zu hinterfragen:

    Wenn es feststeht – und daran scheint kein Weg vorbeizuführen -, dass Jesus selbst nur vom Gott Israels, den er Vater nannte, und nichts von seiner eigenen späteren “Vergottung” wusste, mit welchem Recht kann dann eine Trinitätslehre normativ sein?
    Muss man sie nicht vielmehr als einen Inkulturationsvorgang, der nur innerhalb der damaligen Kontexte unausweichlich und wohl auch legitim war – weil anders das Christentum nicht lebbar war -, verstehen, also als eine kontingente, kontextuelle Komplizierung der jesuanischen Gottesvorstellung?
Natürlich steht es jedem Theologen frei, seine Glaubensauffassung und -tradition  für wahr zu halten, sie zu lehren und Gläubigen anzuempfehlen – selbst wenn ihr Zustandekommen unter dem Druck machtpolitischer Erwägungen stand. Problematisch wird es erst, wenn Vertreter gegenteiliger Auffassungen bis heute (!) verflucht und exkommuniziert werden:

“Diejenigen aber, die da sagen „es gab eine Zeit, da er [Jesus] nicht war“ und „er war nicht, bevor er gezeugt wurde“, und er sei aus dem Nichtseienden geworden, oder die sagen, der Sohn Gottes stamme aus einer anderen Hypostase oder Wesenheit, oder er sei geschaffen oder wandelbar oder veränderbar, … die belegt die katholische Kirche mit dem Anathema
["Zusatz im Bekenntnis von Nicäa ]

Was ist das Wesentliche?

Für Autoren eines klar umrissenen religiösen Bekenntnisses steht fast immer fest, dass sie allein den ‘wahren Glauben’ leben und predigen; das liegt wohl in der Natur des menschlichen ‘Entweder-Oder-Denkens’.
Persönlich meine ich, man sollte dies nicht zu weit treiben: Ob man die Dreifaltigkeit Gottes und damit die Göttlichkeit Jesu zu glauben vermag oder nicht, hindert nicht am Wesentlichen – dem Glauben an einen einzigen Gott und dem Festhalten an der Lehre Jesu.


Alles übrige hat für mich den Charakter von ‘Beiwerk‘ – die paulinischen Briefe, die Schriften von ‘Kirchenvätern’ und erst recht kirchliche Dogmen späterer Jahrhunderte enthalten von Menschen erdachte, d.h. zu prüfende Aussagen.
Bei all diesen umfangreichen Werken sollte man sich eine eine weitere Frage stellen: cui bono – wem nützt es?
Der katholische Klerus bangte seit der Konstantinischen Wende um seine Macht und Autorität – wie kann man sich leichter unentbehrlich machen als durch Schaffung einer hochkomplexen, dem 'gesunden Menschenverstand' zuwider laufenden Theologie – welcher sich der gläubige Laie nur mit Hilfe der klerikalen Experten nähern kann...?


Die Führung der römischen Kirche sollte beizeiten darüber nachdenken, wie lange sie noch eigentlich aufgeschlossene 'Suchende' und Gläubige mit Verfluchungen und autoritären Drohgebärden vor den Kopf stoßen will. Ich für meinen Teil tue mir dies jedenfalls schon lange nicht mehr an...

Siehe auch

Anmerkungen


  1. “Ich und der Vater sind eins” [Joh 10,30]
  2. “Ihr habt gehört, dass ich euch gesagt habe: Ich gehe hin, und ich komme zu euch. Wenn ihr mich liebtet, so würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe, denn der Vater ist größer als ich.” [Joh 14,28, ELB]

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